Organisationsprozess

Vor dem Strukturdesign: Ohne Systematisierung der Tätigkeitsfelder geht nichts! Das Beispiel Family Office

Ein sinnvolles Strukturdesign für ein Geschäft verlangt vorgängige Transparenz über die unternehmerischen Tätigkeitsfelder und Aktivitäten. Sonst ist nicht klar, welche Inhalte denn genau organisiert werden sollen. Diese Transparenz ist nicht immer gegeben, gerade wenn neue Strukturen entstehen. Am Beispiel von Family Offices zeige ich, wie mit einem Portfolio eine sinnvolle Systematisierung möglich wird.


Der tiefere Sinn der Transparenz

Man fragt sich vielleicht zuerst, warum denn die erwähnte Transparenz so wichtig ist. Ganz einfach: Jede Einheit, die organisatorisch bearbeitet bzw. strukturiert werden soll, lässt sich durch ihre Aufgabe bzw. durch ihr Tätigkeitsfeld/ ihre Tätigkeitsfelder und die damit verbundenen Aktivitäten beschreiben. Organisieren und strukturieren heisst damit nichts anderes als sinnvolles Verknüpfen ebendieser Tätigkeitsfelder und Aktivitäten. Anders gesagt: Ohne Tätigkeitsfelder und Aktivitäten ist auch keine Organisation nötig (mehr dazu beispielsweise im Klassiker von Götz Schmidt: „Organisation und Business Analysis – Methoden und Techniken“ unter „Techniken der Analyse“).

Daher ist Transparenz vor dem Strukturdesign auch so wichtig. Sie ist bei der Bildung oder Neuausrichtung einer Strukturorganisation ein zentraler Arbeitsschritt (vgl. dazu im Detail das Tool Führungsorganisation).

 

Warum Transparenz über die Tätigkeitsfelder bei Family Offices zu Beginn oft fehlt

In diesem Kontext spannend sind Family Offices. Gerade wenn solche Familiengesellschaften gebildet oder umstrukturiert werden sollen, fehlt zu Beginn oftmals der Überblick, um welche Tätigkeitsfelder es eigentlich geht. Warum dies so ist, kann unterschiedliche Gründe haben:

  • Die Exponenten der Familie denken stark in bestehenden juristischen Strukturen, mit denen sie bisher gearbeitet haben.
  • Die einzelnen Mitglieder der Familie haben sehr verschiedene Interessen und Bedürfnisse.
  • Es fehlt die Zeit, sich intensiver mit den spezifischen Tätigkeiten eines Family Office auseinander zu setzen, weil der Fokus stark auf das oftmals vorhandene unternehmerische Kerngeschäft gerichtet ist.
  • Die Bewusstsein möglicher Tätigkeitsfelder des Family Office ist stark von den klassischen Finanzdienstleistungsvorstellungen besetzt.
  • Ein zukünftiger CEO für das Family Office ist bereits bestimmt und die Tätigkeit des Family Office wird seinen Fähigkeiten angepasst.

Wie kann es nun gelingen, die für die Strukturierung relevanten Tätigkeitsfelder zu identifizieren, die der Familie wirklich Nutzen stiften? Hierzu hat sich im Rahmen eines systematischen Prozesses mit den Exponenten der Familie die Diskussion der Tätigkeitsfelder im Rahmen eines Portfolios bewährt. Dieses Portfolio kommt zum Einsatz, nachdem

  1. die Mission der gewünschten Struktur (welche Kernfunktion soll die Struktur für die Familie erfüllen?) klar definiert ist und
  2. die präzisen strategischen Ziele der gewünschten Struktur (wie soll die Struktur ihre Kernfunktion für die Familie erfüllen) festgelegt sind.

 

Wie Transparenz möglich wird: Portfolio der nutzenstiftenden Tätigkeitsfelder für ein Family Office

Das Portfolio entsteht durch die Kombination folgender zwei Achsen:

  • Die vertikale Achse stellt die zwei grundsätzlichen Kategorien von Vermögensgegenständen dar, die in einem Family Office für die Familie betreut werden können: Finanzvermögen einerseits und Sachvermögen andererseits.
  • Die horizontale Achse stellt die zwei grundsätzlichen Stossrichtungen dar, was in einem Family Office mit den erwähnten Vermögenskategorien zugunsten der Familie gemacht werden kann: Erhalt des Vermögens einerseits und Nutzung bzw. Übertragung des Vermögens andererseits.

Dadurch entsteht die folgende Grundstruktur des Portfolios:

FO-Portfolio plain-201506

Auf dieser Grundstruktur des Portfolios sind nun jene grundsätzlich denkbaren Tätigkeitsfelder eingeordnet, deren Ausübung in einem Family Office für eine Familie Nutzen stiften kann:

FO-Portfolio full-201506

Mit diesem Portfolio können jetzt die für die Familie effektiv wichtigen Tätigkeitsfelder bestimmt und in der Diskussion priorisiert werden.

 

Erfahrungen mit dem Einsatz des Portfolios

In unseren Projekten hat sich dieses Portfolio in jeder Hinsicht bewährt. Vor dem Hintergrund der vorher festgelegten Mission und der strategischen Ziele des Family Offices

  • ersetzt das Portfolio die Diskussion unübersichtlicher Tätigkeitslisten mit einem Gespräch auf Basis eines transparenten und systematischen Entscheidungsrahmens,
  • fokussiert das Portfolio die Überlegungen auf die wirklich wichtigen Inhalte und Stossrichtungen eines Family Offices,
  • erlaubt das Portfolio die sehr konkrete und praktische Festlegung der Bedeutung und Priorisierung der einzelnen Tätigkeitsfelder für die Familie,
  • erleichtert das Portfolio die Ausarbeitung des Profils der notwendigen Mitarbeitenden für das Family Office,
  • ermöglicht das Portfolio die einzelnen Interesse und Bedürfnisse der Familienmitglieder ernst zu nehmen und sauber zu priorisieren,
  • wird mit dem Portfolio die Ausarbeitung der detaillierten Organisation, der korrekten juristischen Gefässe und Dokumente und v. a. des Organisationsreglements erst möglich.

Das Ergebnis der Diskussion bildet in meiner Erfahrung vor allem eine für alle Beteiligten absolut transparente und nachvollziehbare Grundlage für die nachfolgende Strukturierung. Wiederkehrende Diskussionen über die Grundlagen kommen kaum mehr vor. Beste Voraussetzungen also für ein erfolgreiches Organisations- und Strukturdesign des Family Offices.

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