Die Go-Live-Phase, in der eine Organisation in das neu definierte Setting übergeht, ist eine der anspruchsvollsten Phasen einer Reorganisation. In dieser Übergangszeit, in der das Alte noch stark präsent ist und das Neue noch keine praktische Form angenommen hat, kumulieren viele Befürchtungen. Dieser unbestimmte Zustand ist insbesondere auch für Entscheidungsträger oft schwer zu bewältigen.
Die Art des gewählten Vorgehens (z. B. eher partizipativ oder top-down) kann das, was im Vordergrund steht, beeinflussen. Es ist jedoch unbestreitbar, dass wesentliche Sorgen und Ängste vorhanden sind, beispielsweise:
In diesem Schwebezustand lassen sich verschiedene Bewältigungsstrategien beobachten. Einige dieser Strategien könnten den erfolgreichen «Go Live» beeinträchtigen:
Das in einem früheren Blogbeitrag beschriebene Beispiel von La Castalie (zur Institution vgl. die Informationen am Ende des Textes) zeigt eine mögliche Alternative (vgl. dazu auch den ausführlichen Projektbeschrieb in der zfo).
Der Starttermin für das grundlegend neu ausgerichtete Organisationsmodell – von einem funktionalen, hierarchischen zu einem kundenzentrierten, kollaborativen/selbstgeführten und agilen Modell – war für das Frühjahr 2020, mitten in der ersten Pandemiewelle, vorgesehen. Trotz sorgfältiger Vorbereitung der Institution hatten die Mitglieder der Geschäftsleitung zunächst erhebliche Bedenken hinsichtlich der Umsetzung der neuen Organisation unter diesen Umständen: Die grossen operativen Herausforderungen bei der Betreuung besonders vulnerabler Personen aufgrund von Covid-19 liessen eine zusätzliche Belastung und Verunsicherung durch die Reorganisation als unklug erscheinen. Zudem waren viele Elemente der organisatorischen Zukunft im Detail noch nicht vollständig ausgearbeitet, und die besondere Situation liess keine Zeit dafür.
Trotz der vorhandenen Bedenken wurde zum vorgesehenen Zeitpunkt im Rahmen eines klaren Implementierungsplans und mit starkem Vertrauen in die erarbeitete Lösung umgesetzt. Ein von den Verantwortlichen ausdrücklich benannter Erfolgsfaktor war, dass die Pandemiesituation die Konzentration auf das Wesentliche der Reorganisation erheblich unterstützt hat. Nach dem endgültigen «Go» blieb keine Zeit, um sich mit allen Details zu befassen, Dinge zu zerreden, die perfekte Lösung zu entwerfen, zu lavieren oder sich Ängsten hinzugeben. Aufgrund der Krisensituation war schnelles Handeln erforderlich, und die Kernaspekte der neuen Organisation mussten gezielt umgesetzt werden.
Dies ist erfolgreich gelungen – durch das rasch implementierte Organisationsmodell konnte viel effektiver auf die Pandemiesituation reagiert werden, weil die Teams tatsächlich handlungs- und entscheidungsfähig waren. Später mussten Details nachgeliefert und Lösungen nachjustiert werden, und der Übergang der Führungsfunktionen in ein Coaching-Modus war erst mit der Zeit befriedigend sichergestellt.
Was können wir aus diesem Beispiel lernen?
Zunächst sollten wir eine mutige Denkweise annehmen: Wenn das „Go Live“ einer grundlegenden Reorganisation in einem so sensiblen Umfeld und in einer für die „Kunden“ bedrohlichen Krise möglich ist, können wir dies auch in anderen Kontexten erfolgreich umsetzen und dabei selbstbewusst vorgehen.
Des Weiteren lernen wir:
Unabhängig vom Schweregrad hat La Castalie die Aufgabe, jeder Person mit geistiger oder mehrfachen Behinderungen einen angepassten Lebensrahmen und ein individualisiertes Betreuungsprogramm zu bieten. Im Jahre 2023 wurden 221 Heimbewohner und Schüler betreut (77 % Erwachsene und 23 % Kinder und Jugendliche). La Castalie ist eine gemeinnützige, selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit in Monthey. Sie ist die grösste Institution dieser Art im Kanton Wallis, Schweiz. |
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Blog-Beitrag „Mut, in Reorganisationen das Unfertige umzusetzen“ als » PDF-Download.