Die Herausforderungen
Um meine Meinung vorweg zu nehmen: Was Zentralisierungs- bzw. Dezentralisierungsentscheide spezifischer Aufgaben und Aktivitäten in der Regel schwierig machen, sind die normativen Einstellungen, die damit (versteckt oder offen) verknüpft sind. Solche Entscheide sind klassische Herausforderung der Strukturierung, womit Interessenslagen und Machtansprüche eine wesentlichen Rolle spielen und die sachlich-logischen Überlegungen beeinflussen.
Es gibt Fälle, in denen die Vorteile für die eine oder die andere Variante deutlich auf der Hand liegen. Wenn wir von Vorteilen sprechen, sind diese beispielsweise:
Diese eher zufällige Nennung zeigt aber, dass das Belegen von Vorteilen mit harten Fakten für ein Abwägen in der Regel eher schwierig ist. Wie bei vielen organisatorischen Entscheidungen wird die Wahl der „richtigen“ Lösung bei der Zentralisierung oder Dezentralisierung spezifischer Funktionen von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Wesentliche Faktoren sind beispielsweise die Zusammensetzung des Leistungsspektrums (homogen oder heterogen), die Grösse der Unternehmung/ Institution, die geografische Ausdehnung, die eingesetzten Technologien, der Stabilitätsgrad des Umfeldes und die Führungsphilosophie des Managements.
Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht möglich, für Zentralisierungs- bzw. Dezentralisierungsentscheide ein allgemeingültiges, universell einsetzbares Entscheidungsmodell aufzustellen. Was ist aber für den Findungsprozess hilfreich?
Was wichtig ist
Zumindest zwei Dinge habe ich über die Zeit bezüglich Zentralisierungs- und Dezentralisierungsentscheiden gelernt:
Portfolio-Darstellung als mögliche Entscheidungshilfe
Besonders hilfreich finde ich es immer, wenn es möglich ist, die zentralen Dimensionen in Form eines Portfolios abzubilden. In einem kürzlich durchgeführten Projekt, bei dem sich u. a. die Frage nach der zentralen oder dezentralen Zuordnung ausgewählter Funktionen stellte, ist dies wie im Folgenden dargestellt gelungen.
Voraussetzung dafür war aber, dass die beiden wichtigsten Dimensionen für den Entscheid gemeinsam mit dem Management bezeichnet werden konnten, weil diese Dimensionen die beiden Achsen des Portfolios bilden. Es waren dies einerseits die Nähe der entsprechenden Funktion zum Kerngeschäft (enge inhaltliche Beziehung), andererseits die realisierbaren Grössenvorteile durch eine Zusammenführung.
Entsprechend konnte ein Zentralisations-Dezentralisations-Portfolio mit vier Feldern aufgespannt werden, das eine Zuordnung der zu untersuchenden Aktivitäten zulässt. Und zwar auf die operativen Einheiten der Unternehmung, den Major User (die operative Einheit, welche die Funktion am meisten braucht/ einsetzt) oder das Corporate Center (zentrale Einheiten/ Stäbe).
Lesebeispiel: Die Aktivität A ermöglicht durch eine Zentralisation kaum Grössenvorteile und ist von den Inhalten eng mit dem Kerngeschäft verbunden. Entsprechend ist eine Zuordnung der Aktivität auf die operativen Einheiten zielführend.
Das vierte Feld „situativ“ ist zugegebenermassen nicht sehr präzis. Hier ist fallweise abzuwägen, wo die Aktivität am besten untergebracht wird.
Anpassungsfähigkeit und Alternativen
Das Instrument findet sich als Pdf in Kurzversion hier . Es ist natürlich auch anpassungsfähig: Die Bezeichnung der Achsen ist nicht vorgegeben sondern veränderbar. Sie sollte sich nach den wesentlichsten Dimensionen des Entscheides ausrichten, wie oben beschrieben. Entsprechend kann sich auch die Bezeichnung der Felder ändern.
Zum Schluss noch eine Frage: Hat jemand zum Thema Zentralisation – Dezentralisation gute Erfahrungen mit anderen Instrumenten gemacht? Diesbezügliche Informationen würden mich sehr interessieren.