Dezentralisierung

Zentralisation vs. Dezentralisation: Ein Portfolio als Entscheidungshilfe

Eine der ewigen Fragen der Unternehmensorganisation ist das Thema der Zentralisation bzw. Dezentralisation. Die periodisch wiederkehrenden Zyklen in die eine oder andere Richtung sind Legion. Dabei geht es jeweils nicht nur um die Zuweisung von Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen, sondern auch um die strukturelle Zuordnung spezifischer betrieblicher Aktivitäten. Dieser Blogbeitrag zeigt ein Instrument, das dabei hilfreich sein kann.

 


Die Herausforderungen

Um meine Meinung vorweg zu nehmen: Was Zentralisierungs- bzw. Dezentralisierungsentscheide spezifischer Aufgaben und Aktivitäten in der Regel schwierig machen, sind die normativen Einstellungen, die damit (versteckt oder offen) verknüpft sind. Solche Entscheide sind klassische Herausforderung der Strukturierung, womit Interessenslagen und Machtansprüche eine wesentlichen Rolle spielen und die sachlich-logischen Überlegungen beeinflussen.

Es gibt Fälle, in denen die Vorteile für die eine oder die andere Variante deutlich auf der Hand liegen. Wenn wir von Vorteilen sprechen, sind diese beispielsweise:

  • Für die Zentralisation spezifischer Aufgaben und Aktivitäten: Die bessere Konsistenz mit der Gesamtstrategie, die einfachere Durchsetzung von Standards, die Vermeidung von Doppelspurigkeiten, die Realisierung von Grössenvorteile, eine einfachere Kontrolle u. a. m.
  • Für die Dezentralisation spezifischer Aufgaben und Aktivitäten: Die raschere Reaktionszeiten, eine bessere Verankerung in der betrieblichen Realität, die Fähigkeit problemnah und mit Detailkenntnis zu Handeln, eine höhere Motivation u. a. m.

Diese eher zufällige Nennung zeigt aber, dass das Belegen von Vorteilen mit harten Fakten für ein Abwägen in der Regel eher schwierig ist. Wie bei vielen organisatorischen Entscheidungen wird die Wahl der „richtigen“ Lösung bei der Zentralisierung oder Dezentralisierung spezifischer Funktionen von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Wesentliche Faktoren sind beispielsweise die Zusammensetzung des Leistungsspektrums (homogen oder heterogen), die Grösse der Unternehmung/ Institution, die geografische Ausdehnung, die eingesetzten Technologien, der Stabilitätsgrad des Umfeldes und die Führungsphilosophie des Managements.

Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht möglich, für Zentralisierungs- bzw. Dezentralisierungsentscheide ein allgemeingültiges, universell einsetzbares Entscheidungsmodell aufzustellen. Was ist aber für den Findungsprozess hilfreich?

 

Was wichtig ist

Zumindest zwei Dinge habe ich über die Zeit bezüglich Zentralisierungs- und Dezentralisierungsentscheiden gelernt:

  • Transparenz in den Kernelementen ist meist besser als das Erfassen aller Details. Wir bewegen uns bei solchen Entscheidungen weitgehend in einem qualitativen Umfeld. Wesentlich ist, dass das relevante Spielfeld geklärt wird und die möglichen Handlungsoptionen bekannt sind. Oftmals führen z. B. zu detaillierte Abklärungen möglicher Konsequenzen zu einer Scheingenauigkeit, die wenig zur Entscheidungsqualität beiträgt.
  • Visualisierungen sind immer hilfreich. Selbstverständlich sind Memos und Auflistungen wichtig, doch bei komplexen Sachverhalten sagt ein Bild mehr als tausend Worte. Wenn dies bei Zentralisierungs- und Dezentralisierungsentscheiden gelingt, ist viel gewonnen.

 

Portfolio-Darstellung als mögliche Entscheidungshilfe

Besonders hilfreich finde ich es immer, wenn es möglich ist, die zentralen Dimensionen in Form eines Portfolios abzubilden. In einem kürzlich durchgeführten Projekt, bei dem sich u. a. die Frage nach der zentralen oder dezentralen Zuordnung ausgewählter Funktionen stellte, ist dies wie im Folgenden dargestellt gelungen.

Voraussetzung dafür war aber, dass die beiden wichtigsten Dimensionen für den Entscheid gemeinsam mit dem Management bezeichnet werden konnten, weil diese Dimensionen die beiden Achsen des Portfolios bilden. Es waren dies einerseits die Nähe der entsprechenden Funktion zum Kerngeschäft (enge inhaltliche Beziehung), andererseits die realisierbaren Grössenvorteile durch eine Zusammenführung.

Entsprechend konnte ein Zentralisations-Dezentralisations-Portfolio mit vier Feldern aufgespannt werden, das eine Zuordnung der zu untersuchenden Aktivitäten zulässt. Und zwar auf die operativen Einheiten der Unternehmung, den Major User (die operative Einheit, welche die Funktion am meisten braucht/ einsetzt) oder das Corporate Center (zentrale Einheiten/ Stäbe).

Bild Portfolio mit Aktivität

Lesebeispiel: Die Aktivität A ermöglicht durch eine Zentralisation kaum Grössenvorteile und ist von den Inhalten eng mit dem Kerngeschäft verbunden. Entsprechend ist eine Zuordnung der Aktivität auf die operativen Einheiten zielführend.

Das vierte Feld „situativ“ ist zugegebenermassen nicht sehr präzis. Hier ist fallweise abzuwägen, wo die Aktivität am besten untergebracht wird.

 

Anpassungsfähigkeit und Alternativen

Das Instrument findet sich als Pdf in Kurzversion hier . Es ist natürlich auch anpassungsfähig: Die Bezeichnung der Achsen ist nicht vorgegeben sondern veränderbar. Sie sollte sich nach den wesentlichsten Dimensionen des Entscheides ausrichten, wie oben beschrieben. Entsprechend kann sich auch die Bezeichnung der Felder ändern.

Zum Schluss noch eine Frage: Hat jemand zum Thema Zentralisation – Dezentralisation gute Erfahrungen mit anderen Instrumenten gemacht? Diesbezügliche Informationen würden mich sehr interessieren.

 

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