Organisationsdesign

Gemeinsamkeiten „agiler“ Organisationsansätze

Geschrieben von Andreas Wenger | 26.10.2019 15:43:24

«One size fits all» für Organisationsmodelle gibt es weiterhin nicht

Die Organisationsansätze, die ein mehr an «Agilität» versprechen, sind mittlerweile Legion. Welche der propagierten Ansätze wirklich hilfreich sind, ist aktuell schwer beurteilbar. Erfolgsgeschichten werden fallbezogen für alle Ansätze verbreitet, erste Misserfolge und Übungsabbrüche sind auch schon bekannt.

Nach wie vor hängt sehr vieles beim Organisieren vom spezifischen Kontext ab – und ehrlicherweise auch von den Präferenzen der Organisierenden. Organisationsmodelle sind ein stetes Ringen, eine ständige Anpassung an neue Gegebenheiten, ein stetes Neuinterpretieren. Dies unter Bezugnahme auf Ideen die sich bewährt haben und unter Integration neuer Möglichkeiten. Richtig ist, was nützt – «one size fits all» eine Illusion.

Nur: An was wollen wir uns orientieren, wenn wir uns jetzt organisatorische bewegen und entwickeln?

 

Was ist die Essenz «agiler» Organisationsmodell-Ansätze?

Um die eigene Lösung und Vorgehensweise zu konkretisieren, hilft es, die verschiedentlich propagierten Ansätze zu vergleichen. Gemeinsamkeiten können uns in der eigenen Gestaltungsarbeit Ideen und Orientierung geben.

Im Hinblick auf einen Vortrag für das HSG-Alumni Forum 2019 zum Thema «Führung 2025» habe ich sechs unterschiedliche Ansätze miteinander verglichen (zu den Vortragsunterlagen hier). Es sind dies «The Architecture of Collaboration» 2012 von Fjeldstad et al., “The Agility Factor” 2014 von Worley at al., “Reinventing Organizations” 2014 von Laloux, “Exponential Organizations” 2014 von Ismail et al., “Holacracy” 2015 von Robertson und “Teams of Teams” 2015 von McChrystal. Alle sechs geben sie Hinweise und Anleitungen, wie die betrieblichen Herausforderungen im heutigen, turbulenten Kontext von der Organisation her bestmöglich gemeistert werden können.

Bei diesen Hinweisen und Anleitungen sind neun Kerneigenschaften aufgefallen, die alle Organisationsansätze als sehr wichtig hervorheben:

  1. Die stark ausgeprägte Delegation von Kompetenzen mit deutlich mehr Freiheit für mehr Personen an der operativen Basis.
  2. Die Schaffung kleinerer, übersichtlicherer Einheiten im Sinne autonomer Teams.
  3. Der Kunde beim Modelldesign kompromisslos im Zentrum der Wertschöpfung.
  4. Die Wesentlichkeit selbstorganisierter und dynamischer Anpassungen an Veränderungen (in Echtzeit, vielfach explorativ, als Lernprozesse).
  5. Die Gewährleistung einer hohen Transparenz im Sinne dichter, ständig und kreislaufartig fliessender Information, Kommunikation und Feedbacks.
  6. Die Unterstützung durch leistungsfähige Systeme, im Sinne der Ausnutzung technologischer Möglichkeiten und Potenziale („Digitalisierung“).
  7. Die Festlegung eindeutiger, klarer Regeln des zugrundeliegenden organisatorischen „Betriebssystems“, die eingehalten werden müssen, um Chaos zu verhindern.
  8. Die Wesentlichkeit von Vertrauen, sozusagen als «Brennstoff» für das Funktionieren der Organisationsmodelle.
  9. Schliesslich essenziell: Der gemeinsame Sinn und Zweck sowie die zu erreichenden Ziele („Purpose“), um das Unternehmen bzw. die Institution auszurichten.

Mit diesen Kerneigenschaften versuchen die erwähnten Ansätze, Antworten auf das Koordinationsproblem klassischer, hierarchiegebundener Organisationsmodelle zu geben. Letztere sind stark auf Stabilität, Standardisierung und Effizienz ausgerichtet, was heute in vielen Konstellationen eine effiziente Ressourcenallokation und wirksame Koordination nicht mehr sicherstellt.

Ob alternative Organisationsmodelle wirklich besser sind? Das wird die Zeit zeigen. Sicher nicht in jedem Fall und in der ultimativen Dringlichkeit, wie sie heute von gewissen Agilitätspropheten postuliert wird. Mit ihren teilweise überraschenden Ideen, zum Nachdenken anregenden Erfahrungen und überlegten, konkreten Massnahmen bieten sie aber zweifellos ein vielversprechendes Reservoir, um bestehende Organisationsmodelle erfolgreich weiterzuentwickeln. Im Sinne des steten Ringens, der ständigen Anpassung an neue Gegebenheiten.

 

Weitere Inspirationen

Übrigens: Weitere Inspirationen im Hinblick auf flexiblere, beweglichere Organisationsformen finden sich im Blogbeitrag «Inspirationen für die Organisation der Zukunft».

 

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