Weltmarktführer und Organisation
Gipfeltreffen der Weltmarktführer? Der Titel dieses Kongresses ist zuerst etwas gewöhnungsbedürftig. Doch zugegebenermassen: Was ich vor gut einer Woche in Schwäbisch-Hall sehen und erleben durfte, waren tatsächlich Weltmarktführer. Nicht jene Grosskonzerne über die wir üblicherweise in der Presse lesen. Sondern Mittelständler (über die Definition lässt sich natürlich streiten, was denn genau ein Mittelständler ist), die es in einer Nische oder in mehreren Nischen zu Weltmarktführerschaft gebracht haben.
Untertitel der Veranstaltung war „Weltmarktführer werden und bleiben“. Im Vorfeld hatte ich die Hoffnung, im Hinblick auf den Beitrag der Organisation zum Erfolg von Weltmarktführern generalisierbare Aussagen identifizieren zu können. Diese Erwartung wurde enttäuscht (sie war wohl auch etwas naiv, aber das sei für einmal erlaubt). Trotzdem gab es sehr interessante und konkrete Beispiele, was die Organisation zum Erfolg dieser Unternehmen beiträgt. Drei organisationsbezogene Erfolgsfaktoren will ich im Folgenden kurz vorstellen.
Erstens: Die kompetente Nähe zum Kunden
Sowohl die Firma Stihl AG (motorbetriebene Geräte für die Forstwirtschaft, Landschaftspflege und die Bauwirtschaft) als auch die R. Stahl AG (Produkte, Systeme und Dienstleistungen für den Explosionsschutz) setzen im Vertrieb eine Organisation um, welche die kompetente Nähe zum Kunden maximiert:
Zweitens: Eindeutige Verantwortlichkeitsbereiche durch Dezentralisierung und Divisionalisierung
Von der Firma Phoenix Contact GmbH & Co. KG (elektrische Verbindungs- und elektronische Interfacetechnik sowie industrielle Automatisierungstechnik) wurde im Rahmen ihrer Entwicklungsgeschichte die Wesentlichkeit der Dezentralisierung und Divisionalisierung (eigenverantwortliche Unit) als Erfolgsfaktor hervorgehoben: Die Schaffung von klar abgegrenzten Verantwortlichkeitsbereichen, die für ihre Produkte und Leistungen eigenverantwortlich zuständig sind.
In anderem Kontext hat Herbert Schein, Vorsitzender der Geschäftsführung der Varta Microbattery GmbH (Batterien, insbesondere Micro-Batterien) dieselben Elemente als Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Diversifizierung genannt. Er meinte zusätzlich, dass die Verantwortlichen ohne Rückfahrschein auf den Weg gesandt werden sollten, damit bei Schwierigkeiten nicht einfach aufgegeben werde.
Drittens: Kooperationen mit Gleichgesinnten
Von Kooperationen auf verschiedenen Dimensionen als Erfolgsfaktor mit grosser organisatorischer Komponente berichtete Arndt G. Kirchhoff, Geschäftsführender Gesellschafter der Kirchhoff Gruppe (Fahrzeugkomponenten- und Werkzeugherstellers). Seine diesbezüglichen Erläuterungen haben mich beeindruckt.
Die Kirchhoff-Gruppe arbeitet seit längerem in einem Netzwerk von Autozulieferern zusammen, aus dem 1994 der Verbund Innovativer Automobilzulieferer in der Region Südwestfalen entstand, kurz VIA. Ziel der Gründer der Unternehmensgruppe war es, bei Aufgaben zu kooperieren, die nicht unmittelbar zum Kerngeschäft zählen, ohne dabei weitergehende Bindungen einzugehen (zum Thema Kooperationen vgl. auch den Blogbeitrag „Unternehmenskooperationen im Hoch, Joint Ventures als Kooperationsform im Tief?“).
Zwei Jahre später wurde aus diesem Verbund die VIA Oberflächentechnik GmbH gegründet, in der industrielle Teilereinigung für absolute Produktreinheit betrieben wird und in die von den Gründern entsprechende eigene Aktivitäten eingebracht wurden. Die Unternehmung arbeitet für die Verbundmitglieder, aber insbesondere frei am Markt. Sie muss sich auch dort behaupten, was sie erfolgreich tut.
Absolut bemerkenswert scheint mir ein zweites Gemeinschaftsunternehmen, dass etwas später aus dem genannten Netzwerk entstanden ist: Die VIA Consult GmbH & Co. KG, eine Beratungsgesellschaft vom Mittelstand für den Mittelstand. Sie berät ihre Kunden zu den Themen Standortentwicklung, Kooperationsberatung, Managementsysteme, Prozessoptimierung und Qualifizierung. Ursprungsidee war, mit dieser Gesellschaft bei den Verbundpartnern in wesentlichen Managementaspekten Qualität einzubringen, wie es für diese individuell nicht machbar wäre. Auch diese Unternehmung kann sich aber nicht auf ihre Eigner stützen, sondern muss am freien Markt bestehen.
Noch ein weiteres Kooperationsthema wurde im Sinne der Kompetenz- und Ressourcenbündelung von Herrn Kirchhoff genannt, das aktuell als Projekt studiert wird: Die gemeinsame und gleichzeitige Erschliessung eines Auslandsmarktes durch Mittelständer aus der gleichen Region. Auf die weitere Entwicklung in diesem Bereich bin ich besonders gespannt.
Und trotzdem: Drei generalisierbare Erfolgsfaktoren
Neben den beispielhaft illustrierten Erfolgsfaktoren mit organisatorischem Bezug sind mir doch drei Themen aufgefallen, die im Hinblick auf den Erfolg generalisierbar scheinen. Sie haben aber wenig mit Organisation zu tun, sondern eher mit spezifischen Grundsätzen der Unternehmensführung. Aus meiner Sicht sind sie zentral.
Es sind die drei L-Erfolgsfaktoren, die von praktisch allen Referenzen aus dem unternehmerischen Umfeld als wesentlich erwähnt wurden:
Wer jetzt Lust hat, noch mehr über das Thema zu lesen, dem empfehle ich den Artikel „Klein, klever, König“ der Wirtschaftswoche sowie die weiteren dort angegebenen Artikel zum Thema.